Verleihung des 10. AMOS-Preises der Offenen Kirche
Bei der 10. AMOS-Preis-Verleihung der OFFENEN KIRCHE wurde als 15. Preisträger Pfarrer Rainer Schmid für sein langjähriges friedensethisches Engagement gegen Rüstungsproduktion, die Verbindung von Kirche und Militär und gegen Atomwaffen ausgezeichnet.
"Zur Auswahl der Preisträger höre ich als Vorsitzende der Jury immer wieder: Muss das denn jemand sein, der aneckt oder der Schwierigkeiten mit dem Oberkirchenrat hat? Das ist sicher keine Voraussetzung, aber es kann auch kein Ausschlusskriterium sein, wie uns das Beispiel des Propheten AMOS lehrt", sagte die Vorsitzende der OFFENEN KIRCHE Erika Schlatter-Ernst in ihrer Begrüßung. Der prophetische Auftrag komme in der kirchlichen Arbeit neben Seelsorge, Predigt, Bildungsarbeit und Gemeindeleitung oft zu kurz. "Deshalb ist die Jury des AMOS-Preises überzeugt, dass es Menschen wie Rainer Schmid geben muss, die beharrlich und auch nervend an Themen erinnern, die zum Ureigenen der Kirche gehören, wie der Frieden für alle als die große Zukunftsverheißung Gottes." (der ganze Text hier)
Der Journalist und Autor Dr. Franz Alt schlug als Laudator in dieselbe Kerbe: "Jesus war der größte Störenfried. Dann kamen die real existierenden Kirchen. Die meisten AMOS-Preisträger waren Störenfriede. Sie störten allerdings nicht den Frieden, sondern die Friedhofsruhe der Kirchen." Er würdigte nicht nur Schmids Fahrradtouren rund um den Bodensee von einer Waffenfabrik zur anderen - "Wir sind ein Kriegsland, solange wir Waffen herstellen", sondern auch dass der Pfarrer einen Teil seines Urlaubs ganz allein im Atomwaffenlager Büchel vor dem Haupttor demonstriere. Außerdem hatte er sich auch die 34 Thesen durchgelesen, die Rainer Schmid in Wittenberg an die Schlosskirche klebte. "Er ist ein echter Protestant." Die ersten Christen hätten Gewalt abgelehnt. Luther habe sogar dazu aufgerufen. "Aber spätestens im Atomzeitalter müssen wir das Denken von ständigem Krieg und Massenabschlachten überwinden. Wer Frieden will, muss den Frieden vorbereiten. Ich halte es für verheerend, wenn die Verteidigungsministerin vor dem Bundestag sagt: 'Wir müssen das 2-%-Ziel - das sind 44 Milliarden Euro pro Jahr - angehen.'"
Zwei amerikanische Soziologinnen hätten bei 500 Konflikten nachgewiesen, dass doppelt so viele ohne Gewalt gelöst wurden, so wie der Fall der Mauer in Deutschland. Und er zitierte seinen Freund Gorbatschow, den zur Zeit meist gehassten Mann in Russland, von dem er Grüße bestellen solle: "Solange es Atomwaffen gibt, besteht die Gefahr, dass sie eingesetzt werden." Dr. Alt folgerte: "Politik und Ethik müssen vereint werden."
Es gebe drei Gründe, dass Rainer Schmid geehrt werde: "Wir sind in Deutschland eine der größten Rüstungsnationen und die Kirchen profitieren davon. Zwischen Kirche und Militär besteht eine viel zu enge Verbindung (die Militärpfarrer sind Teil der Bundeswehr) das ist nicht im Geiste Jesu. Und drittens: Im Waffendepot Büchel lagern immer noch Atomwaffen. Rainer Schmid lässt das nicht ruhen. Insofern ist er ein echter Schüler und Nachfolger Jesu, ein würdiger AMOS-Preis-Träger. Er baut auch Brücken zu ausserkirchlichen Gruppen." Kriege könnten wir uns nicht mehr leisten, wenn unsere Kinder und Enkel eine Zukunft haben sollen.
Und dann dankte er Dr. Eppler, der das letzte Mal als Schirmherr auftrat, für all die Bücher und seine konsequente christliche Haltung, die ihn zu vielen Sendungen inspiriert hätten.
Auch Pfarrer Rainer Schmid, der den Preis für alle Friedensaktivisten entgegen nahm, plädierte für Abrüstung. Er zählte die deutschen Rüstungsfirmen auf, deren Produkte in Panzern rund um den Globus eingebaut sind. "Am Anfang der Kette sieht alles harmlos aus. Die Angestellten sind ganz normale Leute, brave Familienväter, nette Nachbarn, Eltern unserer Konfirmanden. Am Ende der Kette sterben Männer, Frauen und Kinder - in Afghanistan, Mali und im Jemen." In der Kirche wurde ihm gesagt, er solle Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen halten, aber keine Demonstrationen organisieren. Denn die Rüstungsangestellten könnten aus der Kirche austreten und dann hätten wir weniger Kirchensteuern. Das habe ihn nicht überzeugt. "Ich meine, die Kirche hat nicht nur die Aufgabe, Menschen zu trösten und zu segnen, sondern auch eine prophetische Aufgabe: Sie soll Unrecht beim Namen nennen." Das Internationale Rote Kreuz hat einen Video-Film erstellt, in dem man sieht, was die Explosion einer Atombombe über einer Stadt bedeutet. "Die Ersthelfer hätten keine Chance. Man wüsste nicht einmal, wohin mit den Leichen." Die Proteste in Büchel beginnen wieder am 26. März und gehen bis zum 9. August. Er lud die Versammelten ein, am 7. Juli zum kirchlichen Aktionstag nach Büchel zu kommen, bei dem Margot Käßmann predigen wird. (Die ganze Rede hier)
Den Schirmherr des AMOS-Preises, Prof. Dr. Erhard Eppler, störte ebenfalls, dass die deutsche Regierung nichts sagte, als Trump den INF-Vertrag kündigte. Er zitierte den pensionierten General Kujat, der in einem Interview gesagt hatte, dass ihm jetzt eine mächtige Friedensbewegung fehle. Auch die Medien seien auf diesem Gebiet nicht mehr zuverlässig genug. Man müsse vieles, das zur Beruhigung der Gemüter geschrieben ist, hinterfragen. Und er empfahl dem Auditorium: "Lesen Sie Ihre Zeitung sorgfältig und kritisch." Der 92-jährige Minister i.R. beendet nun sein Engagement für die Offene Kirche. Seine Nachfolgerin als Schirmherrin des AMOS-Preises wird die frühere Bundesministerin, Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin. Beide bekamen vom Vorsitzenden des Stiftungsrats Marc Dolde einen roten Regenschirm überreicht.
Als Vertreterin des Landesbischofs nahm diesmal Prälatin Gabriele Arnold an der Feier teil. Das Ludwigsburger Bläserquartett mit Hubertus von Stackelberg und Klaus-Ulrich Dann (Trompete) sowie Tabea Hesselschwerdt und Arno Hermann (Posaune) sorgten für den festlichen musikalischen Rahmen.
Renate Lück